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Kapitel 4

Lessas Arme waren fest vor der Brust verschränkt, die Ärmel ihrer weißen Bluse zerknittert, der Kiefer angespannt, während sie Corvens Lachen beobachtete – zu laut, ein bisschen zu ungezwungen – mit Vyn, dem neuen Vertriebspartner. Vyn beugte sich vor, sein halb rasiertes Stoppelgesicht fing das Licht ein, die Krawatte locker, als käme er gerade aus jemandes Bett. Sein Charme war kaum zu übersehen; Corvens grüne Augen funkelten mit vorsichtiger Faszination, als sie sich über die Misserfolge importierter Eiche amüsierten.

Lessa räusperte sich, so deutlich, dass sie beide zu ihr hinsahen. Ihre Lippen pressten sich zu einer geraden Linie, und sie warf Corven einen Blick zu, der Milch hätte sauer werden lassen. „Solltest du nicht lieber die Gärtanks kontrollieren?“ schnarrte sie, die Schärfe in ihrer Stimme überraschte sogar sie selbst.

Corvens Haltung versteifte sich, ein Schatten huschte durch seinen Blick. „Ich dachte, du kriegst die Qualität auch allein hin“, erwiderte er, die Stimme eine Oktave rauer. Trotzdem machte er einen halben Schritt auf sie zu, die Hände in den Taschen seiner dunklen Jeans vergraben, die Schultern angespannt.

Vyn zog eine Augenbraue hoch, ein schelmisches Lächeln umspielte seinen Mund, dann glitt er davon, spürte die Spannung. Allein standen Lessa und Corven sich gegenüber, Herzschläge hämmernd in der Brust, eine zerbrechliche Stille wuchs zwischen ihnen. „Du genießt das“, zischte Lessa, der Atem zitterte, „dich vor allen zur Schau zu stellen, sie glauben zu lassen, du seist ihr Retter.“ Ihre Finger verkrampften sich im Stoff ihres Rocks, Wut, die kaum die Angst verbarg, ihn zu verlieren – nicht an Vyn, sondern an sich selbst.

Corvens Kiefer spannte sich. „Glaubst du, ich will gerettet werden?“ Seine Stimme bebte unter all den Worten, die er wochenlang verschluckt hatte. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, suchte in ihren Augen nach Vergebung oder vielleicht nur nach einem Weg zurück zu der Sanftheit, die sie einst teilten.

Der Streit entflammte schnell, viel zu schnell. Lessa warf ihm Geheimnisse vor, dass er alle brauchte – nur sie nicht. Corven konterte, die Stimme brach: „Ich will nur dich. Aber du – du rennst immer weg.“ Schmerz blitzte über sein Gesicht, roh und ungeschützt. Er meinte jedes verletzte Wort, und in dem Nachlassen seiner breiten Schultern sah sie den Jungen, der sie einst angefleht hatte zu bleiben.

Tränen brannten Lessas Augen, doch sie blinzelte sie weg, die Fäuste an den Seiten geballt. Die Spannung zerbarst – Corven zog sie ins Büro und schloss die Tür hinter sich. Die Luft vibrierte zwischen ihnen, als er sie gegen den Schreibtisch presste, seine Hände an ihrer Taille, zitternd vor Verzweiflung. Sie küsste ihn heftig, keuchend, als er sie auf den Tisch hob, Dringlichkeit in jeder Bewegung – sein Mund suchend, ihrer antwortend mit gleichem Verlangen.

Lessas Rock schob sich an den Hüften hoch; Corvens Hände fanden ihre Oberschenkel, die Haut brannte, wo er sie berührte. Tränen liefen Lessas Wangen hinab, während sie sich in hektischem Ringen auszogen, die Münder nie voneinander lösend. Jeder Stoß war eine Frage, jeder Seufzer eine Entschuldigung. „Geh nicht weg“, flüsterte sie, die Stimme zerbrach. „Lass nicht los.“ Corven legte die Stirn an ihre, der Atem rau, die Augen glasig vor Liebe und Reue. Sie hielten sich inmitten des Zitterns, klammerten sich fest, als würde die Welt auseinanderbrechen.

Danach, ihre Körper ineinander verschlungen, strich Corven nasses Haar von Lessas Stirn. Sie starrte an die Decke, die Brust hob und senkte sich, ein Lächeln flackerte durch die Traurigkeit. „Ich hasse es, dass du mich so fühlen lässt“, murmelte sie, die Stimme klein.

Er lachte – ein leises, fast zerbrochenes Geräusch. „Gut. Bedeutet, ich bin nicht der Einzige, der Angst hat.“ Sein Daumen strich ehrfürchtig über ihren Kiefer.

Woanders saß Senne auf einem abgewetzten Sofa, das blaue Licht ihres Handys zeichnete ihre scharfen Wangenknochen und müden Augen nach. Ihr Kind schlief auf ihrem Schoß, die Wimpern fächerten sich über eine pausbäckige Wange. Senne scrollte, der Daumen blieb auf einem Gruppenfoto des Festivalteams stehen – Corven, Lessa, Briq, sie selbst am Rand. Ihr Blick verweilte auf Lessas gezwungenem Lächeln, dem gequälten Ausdruck knapp unter der Oberfläche. Senne zog eine Decke um ihr schlafendes Kind, Entschlossenheit funkelte in ihren Augen. Sie hatte ein Geheimnis, und sie war nicht die Einzige.

Später blieb Lessa nach Feierabend mit Senne in der Herberge, halbvolle Weingläser standen zwischen ihnen. Sennes Lippen zogen sich zu einem halben Grinsen, während sie Lessa beobachtete, wie sie mit ihren Worten kämpfte, nicht zu viel preiszugeben. „Bist du nicht irgendwann müde vom Verstellen?“ fragte Senne leise, suchend.

Lessa zögerte, die Augen wanderten weg. „Jede Minute. Aber Verstellen ist sicherer, als alles zu verlieren.“ Sie zuckte zusammen, als sie es sagte, wünschte sich fast, die Worte zurücknehmen zu können, doch Senne nickte nur, ihre eigenen Geheimnisse brodelten hinter der kühlen Fassade.

Draußen in der Dunkelheit sprach Vyn leise in sein Telefon, die Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Lirae ist verletzlicher, als wir dachten. Mach weiter.“ Seine Augen funkelten zufrieden, und als er auflegte, zeichnete ein Mondstrahl die grausame Kurve seines Lächelns nach.

Fortsetzung folgt...

Samtige Fessel

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Samtige Fessel: Fesselndes Liebesdrama zum Lesen