Logo
DE
Loading...

Kapitel 7

Lios Hände zittern, als er an einem ausgewaschenen Langarmshirt zieht, Blut sickert durch den Verband an seinem Unterarm. Er lehnt sich gegen die Hintertür von Serris’ Trailer, der Kiefer angespannt, die Augen von Erschöpfung gerahmt. Doch als Serris herauskommt – ihre Silhouette scharf geschnitten in einem eng anliegenden schwarzen Kleid, das Haar streng und elegant zu einem Knoten gebunden – öffnen sich seine Lippen leicht. Sie sieht aus wie Trotz auf High Heels, doch ihr Blick huscht nervös umher, der Atem kommt stoßweise. Sie verkrampft die Finger um den Rand ihres Handys, und für einen Moment schweigen sie beide, die Spannung zwischen ihnen so dicht, dass sie vibriert.

„Ich kann das nicht mehr richten“, flüstert Serris schließlich, die Stimme zittert. „Sie sind überall. Mein Gesicht, dein Name. Alles.“ Ihre Arme verschränken sich schützend vor der Brust, doch eine Träne rinnt über die Wange und verwischt den schwarzen Lidstrich. Lio überbrückt die wenigen Schritte zwischen ihnen, die Luft knistert. Mit einem rauen Daumen wischt er die Träne weg, die Wärme seiner Berührung bleibt – eine Geste, die mehr sagt als jede Entschuldigung. Für einen Herzschlag lässt sie den Kopf auf seine Schulter sinken, schweigend, beide sehnen sich nach Trost, den keiner geben kann.

Ein Studio-Golfwagen quietscht vorbei, und beide zucken zusammen. Lios Kiefer spannt sich. „Wenn ich jetzt weglaufe, verliere ich dich. Das kann ich nicht.“ Die Worte schmecken nach Verzweiflung, doch er meint sie – jede Silbe schneidet die Wahrheit zwischen ihnen frei. Serris blickt hoch, die Wimpern zittern, dann durchbricht Dringlichkeit die Trauer. Sie küsst ihn, hart. Er erwidert sofort, die Hände finden ihre Taille, ziehen sie nah. Ihr Körper schmilzt in seinen, Verlangen übertönt die Angst. Für einen Moment gibt es nichts außer der Hitze von Haut, dem verzweifelten Geflecht aus Mündern, Haaren und erstickten Seufzern.

Hinter einer dünnen Trennwand zeichnet sich Zians Schatten ab – das Telefon an die Wange gepresst, der Atem flach, jedes Geräusch aufzeichnend. Seine Augen sind wild, die Pupillen weit aufgerissen, irgendwo zwischen Gier und Hass. Als Serris sich von Lio löst, ein raues, unsicheres Lachen von ihren Lippen springt, verkrampfen sich Zians Finger um sein Handy. Lautlos formt er ihren Namen mit den Lippen, beobachtet, wie sie sich an Lio klammert – ihre ganze Welt verengt auf jemanden, der nicht er ist.

Ein Flur weiter hockt Ryven in einem Dunkelraum, durchzogen von rotem Licht, Schweiß glänzt auf seiner Stirn. Sein Hemd klebt am Rücken, er zittert, während er eine Filmrolle einlegt und Flüche murmelt. Vesta stürmt herein, die Lippen blutig gebissen, Mascara verschmiert. Sie sieht ihn mit verletztem Verlangen an, und als sie sein Gesicht packt und ihn in einen verzweifelten, wütenden Kuss zieht, wehrt er sich nicht. Ihre Nägel kratzen an seinem Hals, der Zusammenprall von Zähnen und Zunge ist scharf, hungrig, fast gewalttätig. Sie stürzen ineinander, Hände überall, und seine Kamera fällt mit einem metallischen Klirren zu Boden.

„Ich kann nicht länger dein Geheimnis sein“, keucht Ryven zwischen den Atemzügen. Vesta presst die Lippen hart an seinen Schlüsselbein – ein Zeichen, ein Brandmal. „Keine Geheimnisse mehr“, haucht sie. „Nicht heute Nacht.“ Als es vorbei ist, sind sie beide atemlos, verschwitzt, halb entkleidet, teilen einen Blick, der mehr Entschuldigung als Versprechen ist.

Am Set läuft Corin auf und ab, die Haare zerzaust, Sakko offen, Krawatte schlaff. Hinter der aufgesetzten Fassade blitzt Panik in seinen Augen auf, als Maeve ihn in die Enge treibt. „Jeder weiß, was du Lio angetan hast“, sagt sie leise, die Stimme schneidet wie Glas. Er blinzelt, versucht Angst mit Wut zu überspielen, doch sie spottet nur. „Du bist nicht mehr unantastbar, Corin. Keiner von uns ist das.“

Draußen vor dem Gelände blinken rot-blaue Stroboskoplichter – die Polizei ist da. Die Nachricht verbreitet sich. Ein Aufschrei, hastige Schritte. Lio erstarrt, Serris presst seine Hand so fest, dass die Knöchel weiß werden. Er atmet schwer aus, legt die Stirn an ihre. „Wenn ich weg bin—“ beginnt er, doch sie unterbricht ihn, die Stimme rau: „Dann brenne ich alles nieder – für dich.“ Ihr Kuss ist chaotisch, verzweifelt, wie Ertrinken und Luft holen zugleich.

„Lio Vaellen?“ dröhnt eine Stimme. Uniformierte stürmen den Flur. Serris schreit, greift nach ihm, während Lio weggezerrt wird, die Handgelenke in kalte Handschellen gelegt. Blitzlichter blitzen auf – Chaos, Schmerz, Mascara läuft, als sie von Reportern zurückgedrängt wird.

Im Schatten senkt Zian sein Telefon, ein verzerrtes Lächeln huscht über seine Lippen, während er flüstert: „Das ist erst der Anfang.“

Fortsetzung folgt...

Sternenklare Adern

88%