Kapitel 8
Serris steht im grellen Licht des Fernsehstudios, ihr platinblondes Haar glatt an den Kiefer gelegt, ein messerscharf geschnittener Mantel aus tiefschwarzer Seide umschmeichelt jede Linie ihres Körpers. Ihre Lippen sind in das tiefe Rot getaucht, das nur Frauen tragen, die längst entschieden haben, nicht mehr zu betteln. Mit funkelnden Augen blickt sie über die unblinzelnde schwarze Linse der Kamera hinweg, direkt ins Herz der Welt. Sie spürt den Schweiß unter den Armen, das Gewicht von Lios Blick – irgendwo im Hintergrund, gefesselt und wartend. Die Stimme des Moderators klebt vor Mitleid. „Möchten Sie noch etwas sagen, Serris?“ Das Schweigen schmerzt. Serris atmet tief ein, der Kiefer spannt sich, und sie gesteht – ihre Stimme sicher, nur an den Rändern zitternd – „Ja. Ich habe es satt, so zu tun als ob. Ich liebe, wen ich liebe. Ich wähle die Wahrheit, auch wenn sie mich zerstört.“
Ihre Hände zittern einmal, unsichtbar in ihrem Schoß, während die Worte wie Glas auf Fliesen zerschellen. Im Regieraum ballen sich Olins gepflegte Hände zu Fäusten. Er kann sie jetzt nicht berühren, nicht bei jeder Kamera in Hollywood, die auf sie gerichtet ist. Serris spürt, wie die Last von ihren Schultern fällt, ihr schwindelig wird, eine seltsame Wildheit steigt unter ihren Rippen auf. Sie wirft einen Blick auf den Monitor, Lios Gesicht flackert in den Nachrichtentickern auf, und erlaubt sich fast, zu hoffen.
Im Flur dahinter läuft Lio in geliehener Abendgarderobe auf und ab, die Ärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, abgenutzte Tattoos blitzen unter den steifen Manschetten hervor. Blut klebt an der Mundwinkel, vom zu festen Beißen. Corin wartet auf ihn, zerzaust und roh, knotet und löst seinen Krawattenknoten mit ungestümen Händen. Seine Augen treffen Lios mit einer düsteren, verletzten Intensität. „Du musst nicht die Schuld auf dich nehmen. Ich erzähle ihnen alles – von den Stunts, der Sabotage. Alles.“ Corins Stimme ist klein, fremd. Lio starrt, der Puls stolpert, etwas Enge bricht in seiner Brust auf.
„Du würdest dich für mich ruinieren?“ Lios Worte sind spöttisch, doch sein Mund zittert. Corin lacht kurz auf, fast ein Schluchzen. „Das habe ich längst getan.“ Er drückt dem Wachmann einen Ordner in die Hand. „Sag es der Presse. Sag ihnen, dass ich es war.“
Die Funkgeräte der Security knistern. Blitzlichter zucken. Mitten im Chaos wird Lio die Handschellen abgenommen, er wird von genau dem Mann in die Freiheit geschoben, der ihn einst zerstört hat. Er zögert nicht – er rennt, der Körper summt vor Adrenalin, Angst und etwas Schmerzhaftem, das sich wie Hoffnung anfühlt, auf der Suche nach Serris.
Ryven lehnt an einer Wand, die Hände zittern, während er durch seine Kamerarolle scrollt. Sein Haar fällt ihm in die Augen und verbirgt, was von seiner Unschuld noch übrig ist. Vesta findet ihn in einer schattigen Nische, legt eine zögerliche, warme Hand auf seine Schulter. Er will sich wegdrehen, doch ihr Griff ist sanft – sie gibt ihm die Wahl zu bleiben. Als sich ihre Blicke treffen, bricht etwas: Er lässt sie den Schmerz und die Sehnsucht sehen, die schon immer in seiner Kunst mitschwingen. Sie umfasst sein Kinn, drückt ihre Lippen sanft auf seine, ein wortloser Segen. Er schließt die Augen, Vergebung schmeckt wie Salz auf seiner Zunge.
Währenddessen, im dunklen Flur hinter dem Chaos, findet Lio Serris, die mit dem Rücken gegen die Tür der Hotelsuite lehnt. Ihr Haar ist wild, das Make-up verwischt von Tränen und Triumph. Das Kleid halb geöffnet, eine Schulter frei, jeder Zentimeter ihres Körpers zittert vor Adrenalin.
Er greift nach ihr, die Stimme rau. „Du hast es geschafft. Du bist frei.“
Sie zieht ihn an sich, der Atem zittert. „Du auch. Sie können uns jetzt nichts mehr anhaben.“
Er kniet, die Lippen auf der seidigen Haut ihres Oberschenkels, die Hände gleiten unter das Kleid, verzweifelt und ehrfürchtig. Sie verheddert ihre Finger in seinem Haar, keucht, der Kopf fällt zurück gegen das polierte Holz. „Ich hab dich vermisst, ich hab dich vermisst –“ Die Worte werden kein Satz. Er verankert sich in Küssen und Verlangen, richtet sich auf und hebt sie auf die kühle Marmorplatte. Die Welt schrumpft auf Hitze, Haut und das Geräusch ihres zerbrechenden Lachens, das endlich in Schluchzen übergeht.
Als es vorbei ist, liegen sie verschlungen, schweißnass, atmen einander ein. Serris’ Hände umfassen Lios Kinn, ihre Augen glänzen vor Sieg und dem rohen Schmerz des Überlebens.
Vor der Suitentür steht Zian, blass im Gesicht, die Faust um sein Handy geballt. Durch den schmalen Spalt des Lichts beobachtet er sie – Neid und Verlangen winden sich hinter seinen Augen. Während Lio und Serris sich aneinanderklammern, bleibt Zian im Flur zurück, die Tür schließt sich leise zwischen ihm und allem, was er je gewollt hat.