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Kapitel 6

Serris verweilte nahe der Balkontür, ihr schwarzer Seidenmantel schmiegte sich an ihre Gestalt, das Haar noch nass von der Dusche, die sie genommen hatte, um den Tag abzuwaschen. Ihre Augen waren von verschmiertem Mascara umrandet, die Wangen fleckig vor Erschöpfung. Sie legte die Stirn an das kühle Glas, atmete flach, der Hals fühlte sich eng an. Lio beobachtete sie aus der Küche, breite Schultern angespannt unter einem abgetragenen grauen T-Shirt, die Finger zuckten nervös an einer abgebrochenen Tasse. Er wollte zu ihr gehen, doch jeder Instinkt schrie nach Vorsicht – sein eigenes Geheimnis pochte wie eine Bedrohung in seiner Brust.

Sie drehte sich um, die Arme um sich selbst geschlungen, der Mantel fiel gerade so weit auseinander, dass eine Sternenkarte neuer blauer Flecken an ihrem Oberschenkel sichtbar wurde – Überbleibsel der gestrigen Stuntprobe. „Ich habe es so satt, mich zu verstecken“, flüsterte sie, die Stimme kaum hörbar über das Summen der Stadt unter ihnen.

Lio stellte die Tasse ab, das Klirren schnitt durch die Spannung. Langsam ging er barfuß über den kalten Boden, blieb wenige Zentimeter vor ihr stehen. „Du musst das nicht – zumindest nicht vor mir.“ Sein Kiefer spannte sich, die Augen wagten es nicht, sich abzuwenden. Serris suchte sein Gesicht ab, als wolle sie Risse in seiner Fassade finden, doch alles, was sie sah, war ein roher Schmerz – ein Spiegelbild ihres eigenen.

Sie atmete zitternd aus. „Da war jemand. Vor Jahren. Eine Frau. Ich habe sie geliebt und habe sie gehen lassen, weil ich dachte, ich könnte nie beides sein – das, was sie wollten, und wer ich bin.“ Ihre Augen brannten, doch sie zwang sich, seinen Blick zu halten. „Wirst du jetzt weglaufen?“

Lio musste fast lachen – gebrochen, bitter. „Du glaubst, du bist die Einzige, die wegläuft?“ Er trat näher, nahm ihre zitternde Hand. Die Berührung schickte einen Strom durch ihn, Angst, Verlangen und Erleichterung verhedderten sich in seinem Inneren. „Mein richtiger Nachname ist nicht Vaellen. Ich habe ihn geändert – alles hinter mir gelassen –, nachdem ich raus war. Ich dachte, wenn ich jemand Neues wäre, könnte ich ein Leben haben. Hollywood war egal, wer ich war, aber die Vergangenheit… lässt nicht los.“

Serris starrte ihn an, fassungslos. „Du bist – was willst du damit sagen?“

„Ich sage, du bist nicht allein, Serris.“ Sein Daumen strich über ihre Knöchel, rau und zugleich sanft. „Du warst es nie, nicht bei mir.“

Sie stürmte vor, brachte ihn aus dem Gleichgewicht, umschlang seine Taille so fest, als könnten sie so eins werden. Er vergrub sein Gesicht in ihrem feuchten Haar, atmete sie ein, ihre Körper eng aneinandergepresst – keiner drängte auf mehr, beide verzweifelt nach Sicherheit, nach Verständnis. Für einen Moment ließ er sich einreden, dass das genug war.

Ihr Handy vibrierte schrill und scharf. Sie löste sich, die Lippen leicht geöffnet, Verwirrung und Angst flackerten über ihr Gesicht, als sie die Nachricht las. Fotos – ihre und Lios Geständnisse – wurden in Echtzeit geleakt. Die Schlagzeilen schrien bereits. Ihre Geheimnisse, seine Identität. Alles.

Lios Kiefer spannte sich, die Augen huschten zur Tür, während von der Straße unten gedämpfte Rufe aufstiegen – Paparazzi stürmten heran, die Welt brach mit jedem Blitzlicht zusammen.

Unten beobachtete Zian das Chaos, das er entfesselt hatte, hinter dunklen Sonnenbrillen, ein verzerrtes, zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen, während die Klatschseiten explodierten und Serris Welt auseinanderbrach.

Serris legte die Stirn an Lios Brust, der Atem kam in stillen Schluchzern, und Lio hielt sie fester, als könnte er die Welt allein mit Willenskraft fernhalten. „Wir müssen fliehen“, flüsterte er heiser. „Oder wir kämpfen.“

Draußen heulten Sirenen, jagten die sternenklare Nacht in etwas viel Gefährlicheres.

Fortsetzung folgt...

Sternenklare Adern

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