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Kapitel 3

Era stand vor der verschlossenen Tür zum Lagerflügel, ihr Atem unregelmäßig. Eine blassblaue Bluse schmiegte sich an sie, die Seide am Rücken dunkelte dort nach, wo die Angst sie schwitzen ließ. Sie strich sich eine lose Haarsträhne hinter das Ohr, die Finger zitterten, während Stimmen von drinnen zu ihr drangen – Lirians tiefe, warme und behutsame Stimme und Marisols schärferer, fast musikalischer Tonfall. Era zögerte, ihr Herz schlug schneller. Marisol trat als Erste heraus, schlank und elegant in grauem Leinen, ihr Blick kühl und wissend, als er über Era glitt. „Er gehört ganz dir“, murmelte sie, die Lippen zu einem leichten Lächeln verzogen, die Augen verengten sich kurz, als könnte sie Eras flatternde Nerven durchschauen.

Lirian folgte, groß und mit leicht nach vorne gezogenen Schultern, goldenes Haar fiel in seine tief liegenden, gequälten Augen. Seine Kleidung – immer zerknittert, mit Farbflecken – wirkte zu weich für die scharfen Konturen seines Kiefers. Er sah Era an, sein Lächeln müde, aber ehrlich. „Geht’s um den Degas?“ fragte er, seine Stimme so sanft, dass sie ihre Abwehr fallen ließ. Seine Hand schwebte nahe ihrer, ohne sie zu berühren. Era nickte, die Worte stockten ihr: „Ich… ich glaube, das Etikett stimmt nicht.“ Lirian beugte sich näher, der Pinselstrich seines Ärmels an ihrem Arm war absichtlich und behutsam. „Komm, zeig’s mir.“ Ihre Finger berührten sich fast, als sie zwischen den Regalen verschwanden, und für einen Moment vergaß sie, wie sehr sie sich danach sehnte, gesehen zu werden.

Veyrons Anwesenheit kündigte sich an, bevor er sichtbar wurde – seine unregelmäßigen Schritte, das Klirren von Schlüsseln, der Sturm in seinen Augen. Sie spürte ihn, bevor sie ihn sah, räuberisch in Schwarz, die Hemdsärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, ein Tintenfleck auf der Innenseite seines Handgelenks. „Immer ihr zwei hier allein?“ Seine Stimme war tief, rau – gefährlich. Lirian richtete sich auf, sein blauer Blick traf Veyrons mit einem Funken Herausforderung, doch Era zog sich ein wenig zurück, die Luft wurde eng. „Er hat mir geholfen“, sagte sie schnell. Veyrons Lippen verzogen sich zu einem halben, dunklen und hungrigen Lächeln. Er trat näher, drängte sich in ihren Raum, und Eras Herz schlug heftig, als er sich vorbeugte, der Hauch seines Aftershaves war zugleich beruhigend und elektrisierend.

„Brauchst du wirklich so viel Rettung, Era?“ flüsterte er, Hitze durchzog die Drohung. Sie sah auf, die Augen weit, ließ sich für einen Moment in der Besitzergreifung auf seinem Gesicht ertränken. „Ich… ich will nicht…“ stammelte sie atemlos, und plötzlich schob er sie sanft, aber bestimmt gegen einen kalten Metallschrank, sperrte sie mit seinem Körper ein. Seine Hände fanden ihre Handgelenke, hielten sie knapp über ihrem Kopf fest. Sie keuchte, zitterte – gefangen zwischen Angst und Verlangen. Ihre Münder trafen sich hastig, die Zähne stießen zusammen. Seine Zunge strich über ihre Unterlippe, sie öffnete den Mund für ihn, ergab sich einem Verlangen, das größer schien als jede Vernunft.

Eras Hände verkrampften sich hilflos in seinem Griff, die Reibung seines Daumens auf ihrem Puls fast grausam. Sie stöhnte leise, voller Sehnsucht und Furcht, während er sich an sie presste, sein Körper pure Muskelkraft und Hitze, ihr Rock an den Hüften hochgeschoben. „Sag mir, dass du das willst“, knurrte er, der Mund an ihrem Kiefer, der Stoppelbart kratzte ihre Haut. Für einen Moment erstarrte sie – dann nickte sie atemlos. „Ich will… verdammt, Veyron…“ Er küsste sie härter, fordernder, seine Kontrolle begann zu bröckeln.

Als sie sich endlich lösten, waren ihre Wangen gerötet, die Lippen geschwollen. Sein Blick fuhr gierig und sehnsüchtig über sie – dann wurde er weich. Doch die Welt stürzte zurück, als Schritte widerhallten. Lirian, der aus dem Schattenwinkel zusah, den Rücken steif, die Fäuste geballt an den Seiten. Schmerz flackerte über sein Gesicht – roh, nackt – und ließ Eras Magen sich verkrampfen. Er sagte kein Wort, doch seine Augen – so blau und zerbrochen – trafen ihre, voller Vorwurf und Verlust.

Bevor Era sich bewegen konnte, ließ Veyron sie los, trat zurück mit einem letzten, besitzergreifenden Blick. Lirian wandte sich um, der Atem keuchend. Marisol trat an seine Seite, legte die Hand um seinen Ellbogen, ihr Flüstern war eine Klinge: „Du lässt sie immer entgleiten. Genau wie das Feuer.“ Er zuckte zusammen, Schuld verzerrte sein Gesicht, und Era sah, wie er in sich zusammensank, verfolgt von etwas, das sie nicht benennen konnte.

Im Schweigen schlich Cael herein, zunächst unbemerkt – Lederjacke bis zum Kinn zugezogen, lässiges Haar fiel ihm in die Augen. Er lehnte an einer Kiste, die Arme verschränkt, ein sarkastisches Lächeln verbarg seine Erschöpfung. „Was für eine Show. Soll ich jetzt klatschen?“ Seine Worte durchbrachen die Spannung, doch da war auch ein Schmerz – eine Einsamkeit, die ihn plötzlich älter wirken ließ. Lirian blinzelte überrascht, und Caels Gesicht wurde weich. „Alles okay bei dir, Mann?“ fragte er leise. Lirian schüttelte den Kopf, ein geisterhaftes Lächeln huschte über seine Lippen. „Sind wir das jemals?“ Ihr Lachen – kurz, brüchig – fühlte sich zerbrechlich und neu an.

Era sammelte ihre Tasche und machte sich auf den Weg. Veyrons Blick brannte ihr nach, doch er hielt sie nicht auf. Lirians Augen folgten ihr verzweifelt, während Marisol ihm ins Ohr flüsterte, ihr Lächeln kalt. Cael beobachtete das alles mit einer Art Resignation.

Als Era die Tür erreichte, vibrierte ihr Handy. Der Bildschirm leuchtete auf: eine unbekannte Nummer. Eine Nachricht, kalt und leuchtend – Ich weiß, was du getan hast. Die Wahrheit findet immer ihren Weg.

Ihre Hand zitterte. Sie blickte noch einmal zurück – drei Männer starrten ihr nach, jede Liebe eine Wunde.

Fortsetzung folgt...

Zerbrochene Glasherzen

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Zerbrochene Glasherzen: Fesselndes Liebesdrama lesen