Kapitel 3
Tavians Finger zitterten über der Tastatur, Schweiß perlte unter dem steifen Kragen seines blauen Oxford-Hemds. Das Leuchten der Monitore ließ seine dunklen Augen gequält wirken, doch es war die Mitternachtsstille vor dem Serverraum, die ihn wirklich beunruhigte. Als das System plötzlich ein klagendes Geräusch von sich gab und die Metalltür mit einem Knall ins Schloss fiel, riss er den Kopf hoch – Panik kroch hinter seinen Brillengläsern hervor.
Er tippte auf die Gegensprechanlage. Rauschen. Das Gebäude pulsierte in schwerer Stille. Sein Herz schlug schneller. Gerade wollte er den Notentriegelungsversuch starten, da hörte er das Klacken von Stiefeln – und Lyskas scharfe Stimme, die die Ruhe zerschnitt. „Was hast du angestellt?“ Sie stand im Türrahmen, ihr Haar leicht zerzaust, der weiße Blazer gereizt über den Arm geworfen. Ihre Laptoptasche baumelte an zwei mit Ringen behangenen Fingern, die Ringe funkelten trotzig im schwachen Licht.
Tavians Mund öffnete sich zu einer Entschuldigung, doch die Worte blieben stecken. Lyskas dunkle Augen bohrten sich in seine, eine Augenbraue hochgezogen – nicht wütend, eher hungrig neugierig. Sie trat ein, warf einen Blick auf die verknoteten Kabel und die blinkenden Server, dann zurück zu Tavian, der steif und unbeholfen dastand, die Wangen hochrot. „Wir sind eingesperrt“, stotterte er und schob seine Brille hoch. Seine Krawatte lockerte sich bereits, gab die verletzliche Linie seines Halses frei.
Lyska zuckte mit einer Schulter, ein leichtes Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie ihre Sachen beiseitelegte. „Du hast Glück, dass ich Druck mag.“ Sie setzte sich auf die Ecke einer Kiste, schlug die langen Beine in schwarze Hosen übereinander und ließ ihre Ferse träge schwingen. „Also, Genie – was ist deine Geschichte?“ Ihre Stimme wurde etwas sanfter, Neugier verdrängte die sonst so scharfe Klinge.
Hitze stieg in Tavians Gesicht. Er zappelte, die Knöchel wurden weiß, als er sich an einem Kabel festhielt. „Ich hab keine Geschichte“, log er heiser. „Hab einfach wieder Mist gebaut.“ Sein Blick senkte sich. Scham flackerte in seinen Augen. Lyskas Blick wurde kurz weich, bevor sie ein unsicheres Lachen ausstieß. „Besser, die Wahrheit zuzugeben, bevor sie vergiftet.“ Ihre Fassade bröckelte, sie starrte auf den Boden und gestand – schnell und roh – ihre Affäre mit Dersh, den Alkohol ihrer Mutter, wie sie sich manchmal selbst sabotierte, nur um etwas zu fühlen.
Die Luft wurde schwer, als die Wahrheit zwischen ihnen aufbrach. Tavian rückte näher, obwohl er sich dagegen wehrte. Lyskas Hand schwebte, glitt dann über seine – überraschend sanft. Ihr Daumen strich über seine Knöchel, gab ihm Halt. „Ich bin nicht kaputt“, flüsterte sie, „aber ich mag, wie du mich siehst.“ Sie grinste, doch ihre Augen glänzten unsicher.
Tavians Atem stockte. Er sah auf ihren Mund, das Echo ihrer früheren Sticheleien brannte in seiner Brust. Ohne nachzudenken, strich er eine zerzauste Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Lyskas Haltung änderte sich – ihre Fassade zerbrach, als sie sich vorbeugte, die Lippen nah, die Augen forderten ihn heraus, die letzte Regel zu brechen. Ihr Kuss war plötzlich, ungestüm – ihre Finger glitten unter sein Hemd, seine Hände zitterten, als sie ihre Taille umfassten. Seine Krawatte fiel, ihr Blazer glitt zu Boden, ihre Nerven verwandelten sich in Verlangen.
Kleider verhedderten sich, als sie sich unbeholfen auf den Boden sinken ließen, das Kratzen des Teppichs und das Summen der Server verstärkten jede Empfindung. Lyska ritt ihn, die Handflächen flach auf seiner Brust, suchten sein Gesicht nach Zögern ab. Keines zu finden, küsste sie ihn erneut – härter, dringlicher, als könnte sie mit ihrem Mund jede alte Narbe auslöschen. Tavians Hände zitterten über ihren Hüften, verloren und ehrfürchtig, gierig nach jeder Sekunde.
Sie bewegten sich im Einklang, keuchende Atemzüge hallten in der summenden Dunkelheit wider. Jede Berührung wurde mutiger, verzweifelter: Lyskas Lachen löste sich in ein Stöhnen auf, als Tavian endlich alle Vorsicht fallen ließ und sich an sie presste, sie führen ließ, sich selbst hingab. Für einen flüchtigen Moment existierte nichts außer der Hitze zwischen ihnen – das Verbotene, die Angst, die Sehnsucht, alles verbrannte.
Als die Morgendämmerung durch die Glaslamellen kroch, lag Lyska neben ihm ausgestreckt, das Haar zerzaust, die Haut glänzte vor Schweiß und Zufriedenheit. Tavian stützte sich auf, die Brust hob sich unregelmäßig. Ihre Kleidung lag verstreut, ihre Geheimnisse zwischen ihnen – Zärtlichkeit und Schrecken vermischten sich in der Stille.
Ein schriller Alarm zerriss die Ruhe. Rote Lichter flackerten. Tavian fuhr hoch, das Herz schlug ihm bis zum Hals, als eine Sicherheitsdurchsage durch die Tür hallte: „Interne Sicherheitsverletzung erkannt – Eindämmungsprotokolle aktiviert.“
Er traf Lyskas Blick. Sie zog bereits ihren Blazer an, das Gesicht bleich, Adrenalin vertrieb den Nachglühen.
„Jemand weiß Bescheid“, hauchte sie.
Fortsetzung folgt...