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Kapitel 7

Kaiden sitzt zusammengesunken am Rand der leeren Personal-Lounge, die Ellbogen auf den Knien, sein dunkles Haar ist vom stundenlangen Hin- und Herlaufen feucht und kräuselt sich an den Schläfen. Die Last der Fehler von letzter Nacht drückt schwer auf seiner Brust; jede Bewegung seiner breiten Schultern fühlt sich an, als würde die Reue tiefer kratzen wollen. Er trägt nur ein graues Thermoshirt und schneebefeuchtete Hosen, die Hände drehen sich gedankenverloren im Schoß, die Knöchel weiß vor Anspannung. Im Spiegelbild des Fensters wirken seine Augen gehetzt – müde, glasig, als hätte er im Dunkeln nach Antworten gesucht.

Draußen stapft Lirae an der Tür vorbei, die Wangen gerötet vom scharfen Wind, schwarze Leggings in abgetragene Stiefel gesteckt, die alte rote Schneejacke bis zum Kinn zugezogen. Sie bewegt sich mit einer unruhigen Energie – unruhig, selbst für sie – der Kiefer angespannt, der Mund eine harte Linie. Als sie Kaiden durch die Scheibe sieht, entflammt der Blick zwischen ihnen, roh und pulsierend. Er zuckt zusammen und schaut weg, die Hitze steigt ihm in den Hals.

In der Küche steht Maelis am Tresen und schneidet Brot mit unerschütterlicher Präzision. Ihre Kochjacke sitzt leicht schief, eine kastanienbraune Strähne entwischt ihrem Dutt. Sie beobachtet Liraes sich entfernende Gestalt mit einem Schmerz, so leise, dass er kaum als Hoffnung durchgeht, doch ihre Hände verraten sie, zittern gerade genug, um die Scheiben ungleichmäßig zu machen. Die Stille in der Lodge wird schwerer, dicht von der Spannung all dessen, was unausgesprochen bleibt.

Zira stürmt herein, die Wangen vom Wind gerötet, Haare aus dem Pferdeschwanz gelöst, die Sanitäterjacke offen. Die Luft zischt aus ihren Lungen, als sie ihre Handschuhe auf den Tisch knallt, die Augen suchen den Raum nach Kaiden ab – ein Funken Verlangen, schnell hinter einem spröden Grinsen versteckt. Seit jener Nacht, als sie ihn mit Maelis erwischt hat, meidet sie ihn, doch unter der Fassade brodeln Wut, Schuld und Sehnsucht. Ihre Blicke verhaken sich. Kaiden versucht zu lächeln, doch es zerbricht, zerrissen von Scham.

Plötzlich stürmt ein Gast herein, die Stimme zittert: „Lirae ist jemandem hinterher – in den Wald. Ein Schneesturm zieht auf. Sie ist nicht zurück.“ Kaiden richtet sich ruckartig auf, alle Zweifel verflogen. Zira ist in einem Herzschlag an seiner Seite, die Hände schon ruhig, während sie Ausrüstung in einen abgenutzten Rettungsrucksack stopft. Ihre Worte sind schnell, sachlich – „Thermodecken. Funkgerät. Stirnlampen. Los.“ Doch ihr Blick schweift zu Kaiden, Sorge schwimmt darin, bittend um etwas, das keiner von beiden auszusprechen wagt.

Draußen im Sturm stechen die Schneeflocken in die Haut, die Sicht schrumpft zu einem blassen Schleier. Kaidens Hand streift Ziras, als sie tiefer in die Bäume vordringen, die zufällige Wärme zwischen ihnen ein Stich, der tiefer sitzt, als er zugeben will. „Du bist immer noch sauer“, sagt er, die Stimme rau. Zira schnaubt, doch ihr Ton ist weicher als zuvor. „Ich bin immer sauer.“ Sie stolpern über Wurzeln; Kaiden fängt Zira auf, als sie ausrutscht, seine Arme fest um ihre Taille – ein Herzschlag voller Spannung, bevor sie sich zurückzieht, die Wangen gerötet – nicht nur vom Frost. So viel bleibt unausgesprochen, drängt sich in jede Berührung.

Sie biegen um ein Dickicht, atemlos, und finden Lirae neben dem Gast – einer blassen, zitternden Frau – die sie in Liraes eigene Jacke hüllt. Liraes Augen sind wild im Schein der Stirnlampe, rot umrandet und trotzig. Kaiden kniet neben ihr, eine behandschuhte Hand schließt sich um ihr Handgelenk, hält sie fest. „Du bist okay“, flüstert er, sucht ihr Gesicht. Ihre Lippe zittert; sie schaut weg, Wut schmilzt zu Erschöpfung. „Ich konnte nicht einfach warten. Nicht, wenn es darauf ankam.“ Kaiden nickt, wischt Schnee aus ihrem Haar, und Zira steht über ihnen, die Arme verschränkt, beobachtet, wie sie in ihre alten Rollen zurückfallen – zart, zerbrochen, untrennbar.

Der Rückweg ist langsam und still, jeder Schritt begleitet von scharfen Atemzügen und unausgesprochenen Entschuldigungen. In der Lodge wartet Maelis im Atrium, die Arme so fest verschränkt, dass es weh tut. Ihre Mauer bröckelt, als Zira eintritt; für einen Moment flehen Maelis’ Augen um Verbindung, doch Ziras Blick ist abwesend, verloren irgendwo zwischen Sehnsucht und Groll.

Später in der Nacht schleicht Kaiden in den Vorratsraum, fährt sich mit zitternden Händen durchs Haar. Zira folgt, die Stiefel knirschen auf dem Linoleum, der Kiefer angespannt. „So können wir nicht weitermachen“, sagt sie, die Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Kaiden tritt näher, der Atem zittert, sucht in ihrem Gesicht nach Vergebung oder Erlaubnis oder beidem. „Es tut mir leid, Zira. Für alles. Für dich.“ Die Entschuldigung reißt ihn auf, roh und verletzlich.

Ziras Hände ballen sich in sein Shirt, ziehen ihn herunter, bis ihre Stirnen sich berühren, die Atemzüge verschmelzen. In dieser geladenen, erstarrten Stille bricht das Verlangen aus – Monate, Jahre voller Sehnsucht und Reue – hervor. Ihr Kuss ist verzweifelt, fordernd, wild; Ziras Finger klammern sich an Kaidens Kiefer, als wollten sie sich verankern, seine Hände zittern an ihrer Taille. Ihre Lippen öffnen sich für ihn, und der Sturm draußen findet sein Echo im Reiben zweier Körper, die sich neu entdecken. Kaiden schmeckt Salz und Schnee, vergräbt sein Gesicht in ihrem Nacken, lässt sich einen Moment lang einfach nur wollen. Ziras Stimme bricht, als sie flüstert: „Ich kann dich nicht verlieren – nicht noch einmal.“ Doch die Angst lauert, verborgen hinter ihrem keuchenden Atem.

Irgendwo im Flur sinkt Lirae auf die Knie, den Kopf in den Händen, stille Tränen laufen ihr übers Gesicht. Maelis findet sie, kniet sich im schwachen Licht zu ihr, legt eine Hand auf ihre Schulter. „Du musst nicht immer stark sein“, murmelt Maelis, die Stimme sanft – weicher als je zuvor. Zum ersten Mal lässt Lirae sich fallen, erlaubt dem Schmerz, auszuströmen.

Gerade als Kaiden und Zira, verstrickt und erschöpft, auftauchen, stürmt Maelis aus der Küche, Panik in der Stimme. „Er ist weg“, keucht sie. „Der Gast. Er wird vermisst. Und er hat etwas zurückgelassen – in deinem Zimmer, Kaiden. Etwas, das du niemandem zeigen willst.“

Ein erstarrtes, entsetztes Schweigen legt sich. Kaidens Atem stockt. Lirae erstarrt; Ziras Gesicht verliert jede Farbe. Das fragile Vertrauen zwischen ihnen zerbricht erneut.

Fortsetzung folgt...

Brüche der Herzenslinie

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Brüche der Herzenslinie: Fesselndes Liebesdrama