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Kapitel 4

Kaiden sitzt am Rand seines schmalen Bettes, die Stiefel halb geöffnet, eine Hand vergraben im Haar. Das Zimmer wirkt heute Abend enger, als würden die Wände sich zusammenziehen, um ihm beim Kampf mit der Erinnerung an Liraes Hände unter seiner Kleidung zuzusehen – die gierige Art, wie ihr Mund seinen im Geräteraum beansprucht hatte, und wie sie sich zurückzog, die Augen wie Sturmglas, der Mund zitternd. Er schließt die Augen. Er schmeckt sie noch immer.

Er zieht einen dicken, dunkelblauen Pullover über, atmet tief durch, versucht sich zu sammeln. Im Flur dringen gedämpftes Lachen und das ferne Plätschern durch die angelehnte Tür. Er zögert, lässt dann seine Füße zum Whirlpool tragen. Die Luft ist scharf, der Gang kalt, doch die Vorfreude – roh, nervös – wärmt seine Brust.

Er tritt auf das eisige Deck, das Herz stolpert, als er Lirae am Rand des sprudelnden Wassers liegen sieht. Ihre Wangen glühen, kupferrotes Haar fällt lose über eine Schulter, und ein schiefer, fast grausamer Zug spielt um ihre Lippen. Sie trägt ein knallrotes Bikinioberteil, die Beine im Wasser, wirft einem Gast einen Seitenblick zu – groß, breit gebaut, lacht viel zu laut über ihren Witz.

Kaiden erstarrt. Liraes Blick hebt sich, trifft seinen, und für einen Moment blitzt nackter Schmerz auf, dann etwas Schärferes, Berechnendes. Sie lehnt sich vor, lässt die Finger des Gastes über ihren Oberschenkel gleiten. Ihr Lachen ist leise, spöttisch, doch ihre Haltung starr, der Kiefer angespannt. Kaiden dreht sich weg, das Gesicht brennend, Wut und Demütigung drehen sich in seinem Magen.

Später findet er sie allein in ihrer Kabine, mit dem Rücken zum Fenster, wie sie ihr nasses Bikinioberteil abstreift. Sie dreht sich nicht um, als er klopft, murmelt nur: „Hab dich nicht erwartet.“ In ihrer Stimme klingt ein Hauch von Unsicherheit, den sie unter einer Fassade aus Übermut zu verbergen versucht.

Er tritt ein, schließt die Tür leise hinter sich. „Warum tust du das, Lirae? Was willst du von mir?“ Seine Stimme klingt rauer, als er wollte; er bleibt an der Tür stehen, die Fäuste geballt, der Pullover spannt sich über die angespannten Schultern.

Sie wirbelt herum, die Augen funkeln, nackte Haut leuchtet im Lampenlicht. „Was ich will? Vielleicht will ich sehen, ob es dir genug bedeutet, mich aufzuhalten. Vielleicht will ich nicht das Trostpflaster sein, nachdem du mit Zira zusammen warst.“ Ihre Stimme wackelt, doch das Kinn bleibt hoch erhoben, trotzig.

Er überbrückt den Raum in zwei Schritten, greift mit zitternden Händen ihre Handgelenke. „Du bist kein Trostpflaster. Du bist das Einzige, was je Sinn gemacht hat.“ Sein Atem ist schwer. Sie wehrt sich, doch dann schmilzt ihr Widerstand, und ihre Münder treffen sich, brennend und verzweifelt.

Kaidens Hände wandern ihren Rücken hinauf, entdecken neue Narben, zittern, als er sie näher zieht. Lirae zieht seinen Pullover über den Kopf, die Nägel kratzen leicht über seine Rippen. Sie stürzen aufs Bett, reißen an hartnäckigen Knöpfen und Jeans, Haut endlich auf Haut gepresst. Sein Mund folgt ihrem Kiefer, ihr Puls zittert unter seinen Lippen – sie haucht seinen Namen, klammert sich an seine Schultern, ihre Körper schlagen aufeinander ein und ziehen sich zurück wie Gezeitenwellen.

Für einen Moment ist es alles – Verlangen und Vergebung und eine so rohe Trauer, dass sie auseinanderbrechen. Worte fließen zwischen hastigen Küssen: „Es tut mir leid.“ „Ich wollte dich.“ „Ich habe nie aufgehört.“ Ihre Stimme bricht, und plötzlich zieht sie sich zurück, Tränen laufen über ihre Wangen, sie wickelt sich in die Decke, zieht die Knie an die Brust.

Kaiden greift nach ihr, doch sie zuckt zurück, schüttelt den Kopf. „Ich kann das nicht. Nicht, wenn ich nur dein Fehler bin.“ Ihre Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. Stille breitet sich aus, spröde und kalt.

Im Flur lehnt Zira am beschlagenen Fenster, die Augen gerötet. Sie sieht zu, wie Kaiden aus Liraes Kabine taumelt, verloren, die Schultern gesenkt, die Haut von neuen blauen Flecken gezeichnet. Ziras Spiegelbild schwankt im dunklen Glas – stumme Zeugin, Schuld schnürt ihr die Brust zu, bis sie einen Schluchzer nicht mehr zurückhalten kann.

In der Küche wischt Maelis lange nach Dienstschluss die Theke ab. Sie blickt auf und sieht Zira, zerzaustes Haar, gequälte Augen, die im Türrahmen stehen bleiben. Maelis zögert, tritt dann unsicher zu ihr und legt zaghaft eine Hand auf Ziras Arm. Zira sieht sie an, überrascht, sucht nach Urteil. Doch Maelis’ Blick ist unerwartet sanft, fast flehend.

„Ich sehe dich“, flüstert Maelis, die Stimme zum ersten Mal zitternd. Sie beugt sich vor, atmet langsam, ihre Lippen streifen Ziras in einem sanften, tastenden Kuss, der einen Herzschlag zu lang verweilt – süß, zögernd, verzweifelt verletzlich. Ziras Hände krallen sich in Maelis’ Schürze, während sie sich ein einziges Mal hineinfallen lässt.

Draußen frischt der Wind auf, rüttelt an den Fenstern – trägt Geheimnisse, Bedauern und das Versprechen eines neuen Sturms.

Fortsetzung folgt...

Brüche der Herzenslinie

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Brüche der Herzenslinie: Fesselndes Liebesdrama