Kapitel 7
Siraes Kiefer presst sich so fest zusammen, dass sie den metallischen Geschmack von Blut auf der Zunge spürt. Sie läuft in der Ecke ihres Büros auf und ab, das Telefon mit weiß vor Anspannung verkrampften Fingern ans Ohr gepresst, Corrins Stimme durchschneidet jede letzte Verteidigung, die ihr noch geblieben ist. Er klingt gelangweilt, amüsiert – in jedem Wort schwingt ein langsames, grausames Lächeln mit, während er droht, ihre Welt zu zerstören, wenn sie nicht nach seinen Regeln spielt. Sie hasst es, wie ihre Hände zittern, wie ihr Atem schnell und flach kommt. Ihr makelloser, dunkler Rock sitzt schief, eine Bluse ist vom Stress einen Knopf geöffnet. Draußen wartet Cael, lehnt am Glas, die Arme vor der Brust verschränkt, als wolle er sich selbst zusammenhalten. Seine Augen sind von Erschöpfung gerändert, das Hemd untucked, die Ärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, Tattoos blitzen hervor wie Geheimnisse, die er nicht vergraben kann. Jeder Zentimeter von ihm wirkt wie eine Herausforderung und ein Flehen zugleich.
Thalen stürmt herein, Jacke zerknittert, Krawatte schief, die Wangen glühend. „Es tut mir leid. Ich kann das wieder geradebiegen – lass mich die Schuld auf mich nehmen“, platzt es aus ihm heraus, während er einen Ordner auf Siraes Schreibtisch fallen lässt. Seine Stimme klingt verzweifelt, aber entschlossen, weicher als sonst. Er versucht, keine Angst zu zeigen, doch seine Hände zittern, Tränen stehen ihm nah. Sirae schüttelt den Kopf, ihre Stimme so kalt wie Stein: „Du reparierst das nicht, indem du für uns blutest, Thalen. Du reparierst es, indem du überlebst.“ Caels Blick wandert zu Thalen, dann zurück zu ihr, undurchschaubar bis auf die Anspannung in seinem Kiefer.
Die Vorstandssitzung steht bevor – die Luft ist schwer vor Angst. Caels Handy vibriert; eine einzige Nachricht: „Bereit?“ Es ist sein Vater. Er spannt sich sichtbar an, seine Augen trüben sich vor Schmerz, den er nicht verbergen kann. Sirae beobachtet ihn, ihre alte Rüstung flackert auf. „Du hast es mir nie gesagt“, flüstert sie. Schweigen breitet sich aus, schwer von all den Worten, die sie nie gewagt haben. Er zuckt mit den Schultern, sieht ihr nicht in die Augen, seine Stimme rau wie Schmirgelpapier: „Wenn es jemand gewusst hätte, wäre ich nicht hier. Ich hätte dich nie verdient.“
Sie schluckt. Ihre Stimme klingt dünn wie ein Messer: „Ich bin nichts, das man verdienen muss.“ Wut, Angst, Verlangen drücken sie eng zusammen. Siraes Hand findet Caels Gesicht, der Daumen streicht über den Stoppelbart an seinem Kiefer, ihre Augen glänzen vor Trotz und Schmerz. Er lehnt sich in ihre Berührung, der Atem stockt. „Wenn Corrin dich entlarvt, verbrennen wir beide“, flüstert sie. „Geh weg.“ Doch er schüttelt den Kopf, drängt sie gegen das Fenster, die Finger verfangen sich in der Seide an ihrer Taille.
Sein Kuss ist verzweifelt, voller Zähne, Zunge und Verlangen. Ihre Hände ballen sich in sein Hemd, die Lippen werden blau; alles ist rau und hektisch. Das Glas klirrt hinter ihr, als er sie hochhebt und auf den Schreibtisch setzt – Papiere rutschen, Stifte fallen zu Boden. Sie zieht ihn an sich, wölbt sich gegen ihn, der Rock hochgeschoben. Seine Hände sind überall – Hüften, Oberschenkel, folgen alten Narben, neuen Versprechen. Ihre Körper prallen aufeinander, voller Wut und Hunger: ein Krieg und eine Kapitulation, Liebe und Hass verstrickt in einem Fieber, das sie keuchend, roh und nackt vor jeder Fassade zurücklässt. Ihr Haar bildet einen dunklen Heiligenschein auf dem Schreibtisch, sein Name reißt ihr aus der Kehle, während sie unter ihm zittert, jede Mauer zwischen ihnen zerstört.
Danach sitzt Sirae am Schreibtischrand, das Hemd halb geöffnet, die Brust hebt und senkt sich schwer. Cael legt die Stirn an ihre, die Stimme rau: „Ich verliere alles, wenn du nicht gehst.“ Sie umfasst seine Wange, der Daumen fängt eine Träne, die er zu verbergen versucht. „Ich habe es satt zu fliehen.“ Für einen Moment flackert Hoffnung auf. Seine Hand legt sich warm und zitternd auf ihre.
Doch die Türen zum Sitzungssaal öffnen sich bereits, Schritte hallen. Corrin steht im Flur, langsamer Applaus hallt wider, seine Augen kalt und gnadenlos. „Rührend. Ich hoffe, ihr seid bereit zu bluten.“ Hinter ihm steht Caels Vater, undurchschaubar, während Flüstern den Gang entlangzieht.
Sirae richtet sich auf, glättet ihren Rock, die Wirbelsäule starr wie Stahl, und nimmt Caels Hand. Sie weiß, dass sie nicht nur ihre Karriere riskiert, sondern jeden Teil von sich, den sie je beschützt hat.
Thalen fängt ihren Blick an der Tür – ein stummes Flehen, ein Versprechen zu bleiben, egal wie schlimm es wird.
Das Letzte, was Sirae hört, ist Corrins Stimme, tief und bösartig: „Mal sehen, wer das Feuer überlebt.“
Fortsetzung folgt...