Kapitel 7
Axton bewegt sich durch das Lager wie ein Schatten, der mit seinem eigenen Umriss im Krieg liegt, das Sakko lässig über den Arm geworfen, das Hemd klebt feucht an seinem Körper. Seine Augen sind hungrig – scharf, durchdrungen von etwas Kälterem als sein sonstiger Giftstachel. Schritte hallen wider. Aus der Ferne trifft Lys seinen Blick, ihre weiße Bluse zerknittert, das Haar lose. Ein blauer Fleck zieht sich über ihren Kiefer, Erschöpfung zeichnet sich unter der kühlen Gleichgültigkeit ab, die sie wie eine Rüstung trägt.
Sie zuckt nicht zusammen, als er näherkommt; sie hebt das Kinn, sieht ihn mit geübter Verachtung an, doch im Flackern des Neonlichts zittern ihre Hände an den Seiten. Er bleibt zu nah stehen, sucht ihr Gesicht nach Rissen ab, die Stimme leise und brüchig. „Hattest du jemals vor, mir Luft zum Atmen zu lassen?“ Sie atmet durch die Nase aus, die Augen trotzig. „Hattest du jemals vor, es zu verdienen?“ Die Worte bleiben hängen – alte Wunden schmerzen unter dem Austausch. Axton lacht, hohl und spröde, dann dreht er sich weg, die Finger verfangen sich in seinem Haar.
Neben der Treppe lehnt Valein an dem abblätternden Metallgeländer, die Knie an die Brust gezogen, die Jeans mit Farbflecken an einem Oberschenkel zerrissen. Sie beobachtet Lys und Axton, Sehnsucht steht ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Ihre Sneakers tippen unruhig. Als Zuriel näherkommt, klebt sein schweißdurchtränktes Shirt am Oberkörper, der Kiefer fest zusammengebissen vor entschlossener Härte. Er zögert, blickt von Valein zu Lys, Unsicherheit mildert zum ersten Mal seine Züge.
Er hockt sich neben Valein, die Stimme jetzt sanfter: „Du bist nicht unsichtbar. Nicht für mich.“ Sie blinzelt, gefangen zwischen Hoffnung und Unglauben, dreht eine Strähne ihres blauen Haares zwischen den Fingern. „Das reicht nicht, Zuriel. Nicht mehr.“ Ihre Stimme bricht, dann wird sie fester – ein neuer Ton. Sie richtet sich auf, die Schultern gerade, weigert sich endlich, sich kleinzumachen. „Ich will raus. Ich will mehr sein als jemandes Bedauern.“
Valeins Ruf durchschneidet die Spannung. Lys zuckt zusammen, etwas Rohes flackert in ihren Augen auf. Sie sieht zu Zuriel, dessen Gesicht jetzt nackt wirkt – Bedürftigkeit und Reue verheddert in den Linien um seinen Mund. Er schließt die Distanz, raue Hände greifen ihre Handgelenke, die Stimme bricht. „Sag mir, dass du nicht über uns gelogen hast.“ Sie versucht es. Scheitert. Tränen ziehen schwarze Spuren durch ihre Mascara, während sie flüstert: „Ich wollte daran glauben. Wirklich.“
Zuriel umfasst sanft ihr Gesicht, die Daumen zittern, als sie die Tränen wegwischen. Er küsst sie – langsam, ehrfürchtig, ihre Körper eng aneinandergepresst in einer dunklen Ecke, wo Geheimnisse sonst verrotten. Diesmal gibt es keine Gewalt, nur atemlose Ehrlichkeit. Lys lässt sich fallen. Zuriel hält sie, als wäre sie zugleich Erlösung und Untergang.
Am anderen Ende des Lagers steht Axton allein, der Kiefer angespannt, beobachtet sie mit einem Sturm hinter den Augen. Die Versuchung, sie zu zerstören – alles zu zerstören – flackert auf, erlischt dann im Raum zwischen zwei Herzschlägen. Valein findet ihn, ihre Stimme unsicher. „Wir sind jetzt alle zerbrochene Souvenirs, oder?“ Er lächelt fast.
Ein Schuss. Das Echo schlägt durch Knochen und Stahl. Tash Brek stürmt durch die ramponierte Laderampe, das Gesicht verzerrt vor Wut, die Pistole zittert in seiner Faust. „Keine Lügen mehr. Kein Weglaufen mehr.“ In der erstarrten Stille stehen alle Geheimnisse bloß, zittern am Rande der Nacht.
Fortsetzung folgt...