Kapitel 5
Schweiß dunkelt den Kragen von Zuriels abgewetzter Jacke, während Körper und Stimmen wie reißende Ströme durch das halbdunkle Lagerhaus fließen. Jeder Schritt hallt vor Gier wider. Er steht nahe der Laderampe, die Fäuste geballt. Seine Augen – dunkel, hart, glühend vor besitzergreifendem Verlangen – lassen Lys nicht aus den Augen, wie sie geschmeidig durch die Menge gleitet, Geheimnisse und Angebote mit einem verschmitzten Wimpernschlag einsammelt. Ihr silbernes Kleid schmiegt sich an ihre Haut, das Haar hochgesteckt, nur ein paar lose Strähnen umrahmen ihre scharfen, wissenden Augen. Sie lacht zu süß über den Witz eines Bieters, doch ihr Blick zuckt – suchend – zu ihm.
Axton thront in der Mitte, seine Seidenkrawatte schief, die Lippen zu einem kalten, kaum wahrnehmbaren Lächeln gepresst, das nie seine Augen erreicht. Er bewegt sich wie jemand, der jede einzelne kaputte Uhr dieser Nacht besitzt. Als Lys mit der kleinsten Hüftbewegung an ihm vorbeistreift, greift er nach ihrem Handgelenk – sanft, doch seine Berührung hat Krallen. „Pass auf, dass du dich nicht verlierst“, murmelt er. „Ich will nicht sehen, wie du fällst.“ Sie reißt sich los, ihr Lachen klingt brüchig.
Valein lauert am Rand, Farbe an der Jeans verschmiert, die Augen gerötet. Sie ist zu klein für die Schatten, in denen sie sich versteckt, kaut auf dem Daumen, beobachtet Lys – immer Lys. Sie versucht wegzusehen, versucht nicht zu hoffen.
Die Auktion explodiert in Aktion – Geschäfte werden gemacht, Vertrauen in Flüstern zerrissen. Lys, benommen von Spannung und Angst, schlüpft durch eine Seitentür. Zuriel fängt sie auf, seine Hand rau am Ellbogen. Er zieht sie aus dem Chaos, durch ein Labyrinth aus Kisten, sein Atem keuchend. „Du hast mich belogen.“ Seine Worte schneiden, roh und zitternd. „Du glaubst, ich würde es nicht merken?“ Sie reißt sich los, das Kinn hoch erhoben. „Ich habe getan, was ich tun musste.“ Ihre Augen sind wild, glasig vor Adrenalin und etwas Tieferem. „Du würdest dasselbe tun!“
Er drängt sie gegen den kalten Beton; sein Kiefer spannt sich. „Ich würde für dich töten.“ Das Geständnis zerreißt die Luft. Sie zittert, gleichermaßen von Angst und Verlangen, spuckt: „Dann beweis es.“ Ihre Münder krachen aufeinander, verzweifelt und schmerzhaft, Hände verheddern sich in Seide und Denim, knöpfen auf, reißen Stoff. Seine Berührung ist gewalttätig – besitzergreifend – ihre Nägel hinterlassen Halbmonde in seinem Nacken. Jeder Stoß eine Anklage, jeder Keuchen ein stummes Flehen um Vergebung. Sie legt die Stirn an seine, Tränen verschwimmen ihr die Sicht. „Das ist keine Liebe.“
Er erstarrt, der Körper zittert, und für einen Moment bröckeln seine Mauern. „Vielleicht nicht. Aber es ist alles, was ich habe.“ Er hält sie so fest, dass sie glaubt, zu zerbrechen. Sie tun es beide – lösen sich in einem Rausch auf, sinken dann zusammen, zerstört und atemlos, das Geräusch des Lagerhauses gedämpft hinter den Wänden.
Im Flur zerreißt ein Schrei die Luft. Valeins Sabotage – ihr Diebstahl, ihre Sehnsucht – ist entdeckt. Maren zieht sie am Handgelenk, die Stimme scharf. „Du bist hier fertig, Valein. Geh.“ Valein starrt Lys an, die Hoffnung schwindet aus ihrem Gesicht, die Schultern krümmen sich. Sie taumelt zur Tür, schiebt Zuriel beiseite, der ihr nicht in die Augen sieht. Die Kälte schlägt ihr auf die Haut, als sie in die Nacht verschwindet.
Auf der Empore wird Axton von zwei Schlägern gepackt. Lys’ eingeschmuggelte Beweise – ihr letzter, verzweifelter Zug – haben getroffen. Er knurrt, das Haar fällt ihm ins Gesicht, Wut und Schmerz verzerren seine Züge. Als die Stahlzelle zuschlägt, trifft sein Blick Lys’, Verrat brennt zwischen ihnen.
Zuriel steht im Nachklang, Blut an den Knöcheln, Lys’ Lippenstift verschmiert an seinem Hals. Er greift nach ihrer Hand, doch sie reißt sich los, die Augen roh – heute Nacht keine Lügen mehr.
Plötzlich durchschneiden donnernde Schritte und das metallische Klicken einer Waffe die Spannung. Das Lagerhaus verstummt. Jemand ist hier, der nicht hier sein sollte, Wut steht ihm ins Gesicht geschrieben – Tash, getrieben von Eifersucht und Rache, stürmt herein. „Ihr glaubt, ihr seid unantastbar?“ schreit er, die Waffe wild schwingend. Geheimnisse stehen kurz davor, ans Licht zu kommen. Zuriel stellt sich schützend vor Lys, das Herz hämmert.
Alles steht kurz vor der Explosion.
Fortsetzung folgt...