Kapitel 8
Briq steht steif und aufrecht im glitzernden Chaos des Marktplatzes, der Kiefer angespannt, das dunkle Haar zurückgestrichen, der marineblaue Anzug scharf gebügelt – doch in seinen Augen liegt eine rohe Verletzlichkeit. Die Nachricht hat ihn erschüttert. Jerae, seine Mutter – Stahl in einem perlgrauen Kleid, die Lippen fest zusammengepresst, der Blick eisig – starrt auf das Kind an Sennes Seite. Der Junge zupft an Sennes Ärmel, die Augen groß und unsicher, eine Strähne von Briqs widerspenstigem Haar fällt ihm ins Gesicht.
Sennes Stimme ist leise, zitternd, als sie eine beruhigende Hand auf die Schulter ihres Sohnes legt. „Das ist Ailin“, sagt sie. Ihre Finger spielen nervös am Rocksaum, die Knöchel weiß vor Anspannung. Briq wirft einen Blick zu Jerae, doch die Matriarchin wendet sich ab, ihr Gesicht bleibt undurchschaubar – ein stilles Erdbeben im Fundament der Dynastie.
Er kniet nieder, die teuren Schuhe drücken in den Kies, und blickt in Augen, die seinen so ähnlich sind. Der Junge mustert ihn ernst, dann streckt er zögernd die Hand aus – klein, vorsichtig – und berührt Briqs Wange mit einer federleichten Neugier. Briqs sorgfältig aufrechter Fassade bricht, der Atem stockt, als er mit zitternden Lippen die Stirn seines Sohnes küsst, die Augen fest geschlossen gegen die Flut ungewohnter Zärtlichkeit. Sennes Lippen öffnen sich – gefangen zwischen Erleichterung und Angst – ihre Haltung wird weicher, als Briq sich, zum ersten Mal, verletzlich zeigt.
Nicht weit entfernt bahnt sich Corven seinen Weg durch die Menge, seine Silhouette kantig in einem verblassten Hemd, die Ärmel hochgekrempelt. Das Haar zerzaust, die Augen von Schlaflosigkeit und etwas Hartem getrübt. Er schiebt sich an Vyn vorbei, der am Rand des Festes stehen bleibt, das Lächeln verkrampft. Corven steigt die Stufen der Bühne auf dem Marktplatz hinauf, das Herz hämmert ihm in der Kehle.
Seine Stimme hallt, tief und bestimmt. „Der Name Vessiel –“ Ein Raunen geht durch die Menge. Er trifft Briqs Blick. „Briqs Geschäfte haben Audelis fast unsere Zukunft gekostet.“ Gemurmel breitet sich aus. Papiere blitzen in Corvens Faust – Beweise, Verrat in Tinte gedruckt. Briqs Kiefer presst sich zusammen, doch er schweigt, die Hand sucht instinktiv nach Senne und Ailin. Jeraes Blick ist eiskalt, als sie sich zurückzieht, die Macht entgleitet ihr.
Corvens Hände zittern, als der Applaus losbricht – hohl, unsicher. Er findet Lessa im Schatten, das Haar offen, das Gesicht von einer Nacht am Krankenbett der Mutter mit Mascara verschmiert. Sie bewegt sich durch die Menge – Jeans fleckig, das Herz in den Augen, die Schultern fest mit neuer Entschlossenheit. Sie zögert, atemlos, dann rennt sie los und stürzt in Corvens Arme. Die Papiere fallen, vergessen. Seine Lippen finden ihre – hungrig, verzweifelt, die Hände umfassen ihr Gesicht, während ein Schluchzen ihre Brust erschüttert.
Sie entkommen, gehen den Gang zwischen Fässern und Stein hinunter. Lessa zieht Corven in den Keller, die Finger verfangen sich in seinem Hemd. „Ich habe keine Angst mehr“, flüstert sie, die Stimme bricht. Corven streicht über ihren Kiefer, der Daumen wischt eine Träne von ihrer Wange. Er legt sie auf den kalten Boden, der Stein dringt durch den Denim, ihre Glieder verheddern sich – Küsse, die nach Salz, Erleichterung und Verlangen schmecken. „Bleib“, keucht Lessa, sich zu ihm reckend, der Atem zittert. Er murmelt ihren Namen, unzählige Male, jede Silbe ein Versprechen.
Als Lessa sich endlich ausruht, an Corvens Brust gekuschelt, findet ihre Hand seine – rau, stark, zitternd. „Wir bauen neu auf“, sagt sie leise. Corven nickt, die Stirn an ihre gelegt, die Augen geschlossen, während Trauer und heftige Hoffnung in ihm kämpfen.
Draußen verschränken Senne und Briq die Finger, ihr Sohn liegt zwischen ihnen. Briqs Hand zittert, als er die Reisetasche hebt; Senne lehnt sich an ihn, ihr Blick wird weich, während ihre Schritte sie von dem einzigen Zuhause tragen, das sie je kannten. Briq wirft einen letzten Blick zurück – auf die verblassten Banner, die schweigende Menge, die Augen brennen, die Lippen drücken sich an Ailins Haar. Senne drückt seine Hand, verankert ihn in diesem unsicheren, zerbrechlichen Anfang.
Als die Dämmerung hereinbricht, gehen Lessa und Corven durch die Reihen des Weinbergs – zerstört, aber ihr. Sie lacht unerwartet, und er grinst, müde und roh, die Finger ineinander verschlungen, beide atmen den Schmerz und die Süße der Möglichkeit ein, die fast wie Vergebung schmeckt.