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Kapitel 1

Zuriel lehnt mit dem Rücken hart gegen eine verbeulte Metallkiste, der Atem schnellt durch zusammengebissene Zähne. Seine Hände krallen sich an den Kanten fest, die vernarbten Knöchel sind kreideweiß, Schweiß zieht eine Linie seinen Hals hinab. Lys’ Handfläche – ein Schimmer von dunklem Gold im flackernden Licht der schwachen Glühbirne – streicht über seinen Kiefer, ihre Nägel hinterlassen zarte Spuren, während sie sein Gesicht ruhig hält. Ihre Augen, scharf wie geschliffenes Glas, heben sich und treffen seine. Sie beugt sich nah zu ihm, die Lippen schweben knapp außer Reichweite. Ihre Stimme ist ein Flüstern, samtig und scharf zugleich. „Du stehst mir im Weg.“ Für einen Moment kann Zuriel nicht antworten. Ihr Duft – Zigarettenrauch und etwas Blumiges – überschwemmt seinen Geist, eine Süße, die er nie zugeben würde zu wollen. Er versucht zu lachen, doch es bleibt ihm im Hals stecken. „Du hast das hier deine Party genannt“, murmelt sie, der Daumen streicht über seine Unterlippe. „Zeig’s mir.“

Er stürmt vor, voller Ungeduld und Verlangen. Sie krachen zusammen, die Münder treffen sich, Hände verheddern sich in der Kleidung des anderen. Lys’ Hemd rutscht hoch, als Zuriel sie näher zieht. Sie schmeckt nach Wein und Salz, nach etwas, das er jahrelang gebraucht hat. Seine Hand gleitet unter den Stoff, folgt der Hitze ihrer Taille, die Nägel graben sich ein, als wollten sie sie beide an diesen Moment ketten. Lys beißt ihm in die Lippe, hart genug, dass ihm der Atem stockt, ihr spitzbübisches Grinsen bleibt unverändert. Er drückt sie zurück in die Schatten, die Kisten wackeln gefährlich. Für einen kurzen Augenblick lässt sie ihn einen Blick erhaschen – das Flackern von Verlangen, die bröckelnde Fassade der Überheblichkeit. Er keucht, die Stirn an ihre gedrückt. „Du willst Kontrolle“, sagt sie, die Stimme zittert kaum hörbar. „Beweis es.“ Zuriel antwortet ohne Worte: Seine Hand gleitet unter ihren Rock, ihr keuchender Laut zerreißt die Stille. Das Lagerhalle hallt wider von fallenden Knöpfen und dem gedämpften Klang verzweifelter Körper, die sich finden. Ihre Nägel ritzen seinen Rücken. Ihre Körper finden einen Rhythmus – rau, wild, beide tun so, als wäre es egal, wie viel es bedeutet, während alles außerhalb des kleinen Lichtkegels verschwindet.

Danach liegen sie verheddert und halb bekleidet da, atemlos. Lys wischt sich den Schweiß von der Stirn, ihre Augen sind undurchschaubar, während sie langsam ihr Hemd zuknöpft. Zuriel steht auf, richtet sich, das Herz hämmert in jeder Ader. Er beobachtet sie, die Kiefermuskeln angespannt. Für einen Moment liegt Verletzlichkeit in der Luft. Sie durchbricht sie mit einem zu lauten Lachen, klopft imaginären Staub von ihrem Rock und wirft einen Blick über die Schulter. „Wir reden nie darüber“, sagt sie kühl, obwohl ihre Stimme dünner klingt als zuvor. Zuriel zuckt mit den Schultern, die Maske sitzt wieder fest. „Würde ich nie wagen.“ Doch sein Blick verweilt auf der Kurve ihres Mundes, auf dem blauen Fleck an ihrem Hals, den sie nicht zu verbergen versucht.

Ein Schrei hallt vom anderen Ende der Lagerhalle, durchschneidet die Spannung. Lys bewegt sich bereits, die Hüften schwingen, während sie in den Hauptgang gleitet, den Kopf erhoben, die Haltung königlich trotz des Zitterns in ihren Händen. Zuriel folgt ihr, das Hemd halb in die Hose gesteckt, noch immer brennend vom Geschmack ihrer Haut, der Mischung aus Nervenkitzel und Schmerz, die in ihm tobt. Er will sie zurück hinter die Kisten ziehen, sie zwingen, zu sagen, dass es Bedeutung hatte – doch der Stolz hält ihn fest an seinem Platz.

Der Hauptbereich pulsiert vor hektischer, nervöser Energie – Arbeiter hetzen umher, Stimmen scharf vor Angst. Lys’ Absätze klacken scharf auf dem Beton, während sie Befehle brüllt, ihr Selbstbewusstsein legt sich wie eine Rüstung über sie. Zuriel patrouilliert am Rand, mustert die anderen mit einem wolfsgleichen Blick, verweilt besitzergreifend bei Lys, wann immer sie vorbeigeht. Sie ignoriert seinen Blick bewusst, die Lippen zucken bei jedem neuen Befehl.

Ein Schatten bei der Laderampe zieht Zuriels Aufmerksamkeit auf sich. Er bleibt abrupt stehen. Eine Gestalt steht dort – groß, schlank und regungslos – der Anzug makellos, selbst im düsteren Licht der Lagerhalle. Axtons Augen funkeln mit kalkulierter Kälte, während er die Szene mustert. Sein Blick haftet auf Zuriel, ein Aufblitzen von Wiedererkennung und etwas Dunklerem pulsiert zwischen ihnen. Lys’ Stimme stockt, als sie ihn sieht, die Farbe weicht aus ihren Wangen.

Axton tritt ein, schließt die Tür mit einem leisen, endgültigen Klicken, das zu laut, zu bedrohlich klingt. Zuriel spürt, wie die Luft zwischen ihm und Lys sich verengt, Eifersucht und Unbehagen kriechen seinen Rücken hinab. Axton lächelt, doch es sind nur Zähne. „Nun“, zieht er die Worte in die Länge, die Augen nie von Zuriel abwendend, „scheint, als käme ich gerade rechtzeitig. Sollen wir anfangen?“

Zuriels Herz hämmert, der Puls rast – jetzt mehr als nur Verlangen. Lys wirft ihm einen Blick zu, Panik flackert unter ihrer kühlen Fassade auf. Die Luft knistert, kurz vor dem Zerreißen. Nach heute Nacht wird nichts mehr so sein wie zuvor.

Fortsetzung folgt...

Nachglühen am Riven Dock

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